
Die Normandie - Ein Familienurlaub mit Rädern
Im Juli 2023 brachen wir (Antje, Francisco, unsere Tochter Paula und ihre beste Freundin) zu einem unvergesslichen Familienurlaub in der Normandie auf. Für Paulas Freundin war es das erste Mal, dass sie Süd-West-Europa besuchte und die Länder wie Belgien und Frankreich waren für sie ganz neue Erfahrungen. Beide Mädchen fieberten jeder neuen Ländergrenze, die sie überschritten, entgegen und freuten sich auf das Kommende. Freudentränenflossen und es wurde viel gelacht. Die Schulsommerferien hatten gerade erst begonnen, und die beiden Teenager waren unendlich begeistert über die bevorstehenden Abenteuer.
Mit dabei hatten wir unseren treuen Begleiter, unseren Abenteueranhänger, den wir vor etwa 6 Jahren selbst umgebaut hatten. Dieser Anhänger hatte uns bereits auf zwei Rundtouren durch Norwegen, einer Reise nach Frankreich, sowie auch auf kleineren Touren begleitet.
Die besondere Atmosphäre des Übernachtens in den Dachzelten, das Zubereiten von Mahlzeiten auf der selbstgebauten Feldküche und das gemütliche Zusammensitzen zu viert im mitgeführten Großzelt, wo wir bei Schlechtwetter Karten und Brettspiele spielen, versprüht stets einen Hauch von Abenteuer auf jeder Reise.
Zusätzlich hatten wir Fahrräder mit dabei, denn zwei Räder waren sicher am Autodach für die Mädchen befestigt, während Antje und ich unsere Räder an der Deichsel des Anhängers mitführten. Mit dem Fahrradspaß im Gepäck stand dem Erkunden der Umgebung und den geplanten Radtouren entlang der faszinierenden Küste der Normandie nichts im Wege.
Die Normandie ist eine historisch und kulturell reiche Region, die in Nordwestfrankreich liegt und an den Ärmelkanal grenzt. Sie ist bekannt für ihre atemberaubende Küstenlandschaft mit malerischen Klippen, feinen Sandstränden und charmanten Hafenstädten. Die Region zeichnet sich durch eine abwechslungsreiche Geografie aus, die von sanften Hügeln und grünen Wiesen bis hin zu imposanten Klippen und zerklüfteten Küsten reicht.
Besonders bekannt ist die Normandie für ihre bedeutende Rolle in der Geschichte, insbesondere während des Zweiten Weltkriegs. Am 6. Juni 1944 fand hier der D-Day statt, eine der größten und entscheidendsten militärischen Operationen im Verlauf des Krieges. Alliierte Streitkräfte landeten an den Stränden der Normandie und läuteten damit die Befreiung Westeuropas von der deutschen Besatzung ein.
Heute ist der D-Day allgegenwärtig an den Landungsstränden der Normandie, und der Utah-Beach ist einer der bedeutendsten Abschnitte dieses historischen Ereignisses. Überall entlang der Küste sind Monumente vergangener Helden und Gefallener zu sehen, die an die tapferen Männer und Frauen erinnern, die vor fast einem Jahrhundert für die Freiheit kämpften. Die Fahnen der Alliierten wehen stolz im Wind und symbolisieren die gemeinsame Anstrengung, die einst hier stattgefunden hat.
Mahnend sind auch die alten Kriegsgeräte, die entlang der Küste aufgebahrt sind. Sie erinnern uns an die Härte und Opferbereitschaft, die dieser historischen Schlacht zugrunde lagen. Die alten Bunkeranlagen des Atlantik-Walls des Dritten Reichs stehen als stumme Zeugen vergangener Zeiten und verdeutlichen die Bedeutung dieses strategischen Abschnitts für den Verlauf des Zweiten Weltkriegs. Die zahlreichen Museen entlang der Küste berichten eindringlich über diese Zeit und vermitteln Besuchern die Geschichte und das Erbe des D-Days. Der Utah-Beach und seine Umgebung sind somit nicht nur Orte der Erholung und des Genusses, sondern auch bedeutende Stätten des Gedenkens und der historischen Aufarbeitung.
Die Normandie ist jedoch auch berühmt für ihre kulinarischen Köstlichkeiten, wie etwa Camembert-Käse, Calvados-Apfelbranntwein und die beliebte Meeresfrüchte-Küche, die von den frischen Produkten aus dem Ärmelkanal profitiert.
Mitten am Utah-Beach hatten wir unseren Urlaub auf dem "Camping Paradis Utah Beach" geplant. Obwohl die Geschichte des D-Days allgegenwärtig war, rückte sie bei uns etwas in den Hintergrund. Weder Paula noch ihre Freundin hatten im Schulunterricht bisher viel über diesen Teil der Geschichte erfahren, und ihr Hauptinteresse lag auch nicht primär darin, diese historischen Ereignisse vor Ort zu erkunden. So gelang es uns, in diesem Urlaub den Fokus bewusst auf das Land, die Leute und die Kultur zu legen und das Schöne vor Ort zu erleben.
Wir genossen die malerischen Küstenlandschaften, die historischen Hafenstädte und die kulinarischen Köstlichkeiten der Normandie. Die Radtouren entlang der Küste und zu den historischen Sehenswürdigkeiten waren ein unvergessliches Erlebnis für uns alle. Abends kamen wir dann am Campingplatz zusammen, um gemeinsam am Tisch zu sitzen, zu lachen und Erinnerungen auszutauschen, gemeinsam zu essen und eine tolle Zeit zu haben.
Entlang der beeindruckenden Küstenlinie besuchten Antje und ich sehenswerte Städte wie Quettehou, Saint-Vaast-la-Hougue, Barfleur, Gatteville-le-Phare und Cherbourg mit unseren Rädern.
In Saint-Vaast-la-Hougue bewunderten wir das imposante Tour Vauban La Hougue. Diese Festung ist ein beeindruckendes UNESCO-Weltkulturerbe, direkt an der Küste gelegen. Sie wurde im 17. Jahrhundert erbaut und diente einst als befestigte Verteidigungsanlage. Die imposante Architektur mit ihren massiven Mauern und Festungstürmen zeugt von vergangenen Zeiten und der strategischen Bedeutung des Ortes. Heute zieht der Tour Vauban La Hougue Besucher aus der ganzen Welt an, die sich von der historischen Pracht und der beeindruckenden Konstruktion faszinieren lassen. Ein Spaziergang auf den alten Festungsmauern bietet einen atemberaubenden Blick auf das umliegende Land und das Meer. Inmitten eines von Wolken erfüllten Himmels und begleitet von wechselhaftem Regenwetter, offenbarte sich die Landschaft in einer fast mystischen Stimmung.
Auf dem Weg nach Gatteville-le-Phare kamen wir durch Barfleur, eine charmante Hafenstadt. Sie hat eine lange und bewegte Geschichte und war einst ein bedeutender Hafen für den Handel und die Schifffahrt. Noch heute ist Sie bekannt für ihre malerische Schönheit und den traditionellen französischen Charme. Die engen gepflasterten Straßen, die mit Blumen geschmückten Häuser und die gemütlichen Cafés laden Besucher zum Verweilen ein. Besonders angetan waren wir von der besonderen Atmosphäre am Hafen mit den einladenden kleinen Lokalen und der pittoresken Szenerie der vielen Freizeit- und Fischerboote.
In Gatteville-le-Phare mit unseren Rädern angekommen, besuchten wir den gleichnamigen Leuchtturm. Mit einer beeindruckenden Höhe von etwa 75 Metern ist er einer der höchsten Leuchttürme Europas und somit ein markantes Zeichen in der Küstenlandschaft. Seine Position auf einer Landzunge bietet einen spektakulären Blick auf die felsige Küste und das umliegende Meer. Seine Präsenz und Architektur vermittelt ein unvergessliches Erlebnis und lässt uns die maritime Geschichte der Normandie lebendig werden.
Unsere Radausflüge während des Urlaubs führten uns ebenfalls nach Cherbourg. Cherbourg hat eine interessante Verbindung zur Titanic und den Auswanderern in die USA. Im Jahr 1912 war Cherbourg einer der Hafenstopps der berühmten RMS Titanic auf ihrer Jungfernfahrt. Das Passagierschiff machte hier Halt, um weitere Passagiere an Bord zu nehmen, darunter viele Auswanderer, die von Europa in die USA reisten, um in der neuen Welt ihr Glück zu suchen.
Im Museum „Cité de la Mer“ besichtigten wir die ehemalige Abfertigungshalle des Hafens. Sie diente früher als Abfertigungsbereich für Auswanderer, die von Cherbourg aus ihre Reise in die Vereinigten Staaten antraten. Hier verabschiedeten sich unzählige Menschen von ihrer Heimat und begannen eine Reise ins Ungewisse. In der Halle wurden schwarz-weiß Film-Einspielungen von früheren Passagieren gezeigt. Sie schienen voller Hoffnung und Vorfreude auf ihre Zukunft in Amerika.
Es war, als ob ich uns darin widergespiegelt sah – nicht als Auswanderer, sondern als begeisterte Radabenteurer, die voller Begeisterung und Entdeckungslust die Schönheit dieser Welt erfahren wollen. Das Fahrrad als unser Transportmittel ermöglicht es uns, nicht nur auf reinen Radreisen, sondern auch bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Welt zu erkunden. Durch eigene Anstrengung entwickeln wir ein Gefühl für Entfernung, während die Langsamkeit uns Zeit gibt, das Erlebte zu verarbeiten. Die Verbindung zu den Elementen wie unter anderem den Sonnenstrahlen, dem Wind und Regen schafft eine innige Verbundenheit zwischen uns und der Natur. Wir sind eins mit unserer Umgebung, wenn wir radeln und die Weite der Welt erleben. Es ist diese besondere Art des Reisens, die uns ermöglicht, tiefgreifende Erfahrungen zu sammeln und die Schätze der Welt mit all unseren Sinnen zu erfahren.
Es war eine Zeit der Entspannung und des Miteinanders, und obwohl die Geschichte des D-Days uns umgab, war es für uns vor allem ein besonderer Familienurlaub, der uns näher zusammenbrachte und uns unvergessliche Momente bescherte.










